Stadt Kimar

"Du hast es aber wirklich eilig."
Sie kam mit einem Lächeln auf ihn zu und passierte dann mit ihm das Tor. Draußen ließ sie den Blick kurz schweifen. Nach einigen Metern begann hinter der hohen Schutzmauer, die die Stadt umgab, der Wald. Nahe der Stadt sollten sie eigentlich nichts zu befürchten haben, trotzdem wollte sie nicht so weit vorstoßen.
"Aber bleib bitte in meiner Nähe." Sie lächelte sachte bei seiner Aufregung. Anders als sie als kleines Kind zeigte er die typische Begeisterung und Euphorie, wenn es um Magie ging und das bereitete ihr Freude.

Die Luft im Wald war schon viel angenehmer,
man konnte wieder Vögel zwitschern hören und allem voraus war es wesentlich ruhiger.
"Seitwann seid Ihr eigentlich eine Magierin?"
Er schien sie mit Fragen durchlöchern zu wollen, "Ich habe schon viele Magiergilden gesehen, in welcher..",
schlagartig verstummte er.
Sorda wollte sie schnellstmöglich ablenken, "Eh, ist das weit genug?"

Sie grübelte kurz, als hätte sie Mühen sich zu erinnern. "Mit 6 Sommern wurde ich von meinen Eltern zu einem jungen Magiermeister gebracht. Man sagte mir, ich sei etwas Besonderes. Und seitdem lerne ich Magie." Fasste sie sich äusserst kurz.
Als er sich verhapselte, blickte sie ihn misstrauisch von der Seite an. Sie hatte schon eine Weile das Gefühl, das etwas nicht stimmte.
Sie blieb stehen und blickte zurück. Wenn sie wirklich nur eine magische Flamme herbei zauberte, war das allemal weit genug. Außerdem konnte sie endlich wieder ein wenig Ruhe genießen, auf Dauer machte ihr das Treiben des Festes zu schaffen. Das erinnerte sie daran, bald die Elfe wieder aufsuchen zu müssen.
"Ja, das ist weit genug."
Dann sank sie aber erst einmal vor ihm auf die Knie.
"Aber..." holte sie aus, ihr Blick war auf einmal sehr streng. "... ich erwarte, dass du aufhörst, mich anzulügen, junger Mann." Ihr Blick wanderte kurz zu seinem Rucksack, als wolle sie das Ganze noch einmal verdeutlichen.

Der kleine Sorda stand da und kaute ein wenig auf seiner Backe,
hat er sich doch tatsächlich versprochen und wurde ertappt. Auch wenn es ihm nicht gefiel,
willigte er mit einem Nicken ein.
Er verlor kein Wort darüber, sondern fragte, was denn nun mit dem Zauber sei.

"Aber du musst mir dann auch einiges erklären."
Meinte sie noch leise zu ihm, bevor sie wieder aufstand.
Der Zauber war nicht sonderlich schwierig. Eigentlich war es sogar einer der ersten, die ein jeder Magier lernte, ein leichter den man schnell beherrschte.
Daher reichten einige wenige Sekunden aus, in denen sie die Formel sprach und ihre Hand kurz drehte. Nach der Vollendung der Bewegung flammte eine kleine, grüne Flamme in ihrer Hand auf. Sie flackerte wie eine Echte, wechselte aber schillernd die Farbe in blaue und gelbe Töne und wieder zurück. Das gespenstisch weiße Licht, das von ihr ausging, blieb jedoch immer weiß. Das Lichtkügelchen schwebte in ihrer Hand.
Sie blickte Sorda an. "Reicht dir das als Beweis?"

Aufmerksam sah Sorda zu, doch anstatt verblüfft, starrte er musternd auf die Flamme.
Das Licht erleuchtete sein Gesicht, blendete ihn jedoch nicht im geringsten.
"Mal sehen.." gab Sorda murmelnt von sich.
Er holte tief Luft und man sah ihm an, wie er begann sich zu Konzentrieren.
Während er einen Schritt zurück ging, sprach der Kleine die Formel nach, die er eben gehört hatte.
Seine Handbewegung ähnelte zwar der von Lysiell,
allerdings spreizte er dabei seine Finger als würde er einen großen Stein heben. Auch die Drehung fiel etwas größer aus.
Sorda war sich seiner sicher, doch lief es nicht wie geplant.
Wie bei der Magierin, entstand aus dem nichts eine Flamme, oder bessergesagt,
ein Licht, das kurz aufleuchtete und im selben Moment abrupt wieder verschwand.
Er schüttelte sich seine Hand leicht vor Schmerz, was ihn aber nicht davon abhielt, einen zweiten Versuch starten zu wollen.

Bevor er jedoch überhaupt starten konnte, hielt sie sein kleines Handgelenk sacht fest. Streng begutachtete sie seine Hand, nahm ihren Wasserschlauch und ein kleines Tuch, benetzte es mit Wasser und wickelte es um seine Hand.
Dann atmete sie tief ein und sah ihm eindringlich in die Augen.
"Sowas hatte ich mir schon gedacht. Du hast die Begabung in dir, anscheinend auch sehr ausgeprägt." Vom puren Nachahmen überhaupt schon Magie hervorzurufen, wenn er auch gescheiert am Spruch an sich war, war für ein Kind in seinem Alter, dass noch nie zuvor scheinbar gezaubert hatte, erstaunlich. Aber genauso unglaubwürdig, eigentlich.
"Das solltest du nicht ohne Übung tun. Einen Zauber, den man nicht kennt oder gar beherrscht, so unbedacht auszusprechen, kann schlimme Folgen nach sich ziehen. Tu das nie wieder." Sagte sie mit einer ernsten Stimme.

"Verstaut meine Waren bloß nicht zu weit hinten, ich hole sie mir gleich wieder ab!"
Er packt den Jungen grob am Arm. "Und du kommst besser auch mit. Wenn wir deinen Freund nicht finden..."
Finster funkelt Azoth ihn mit seinem Auge an.


Ragnar schaute den Alchemisten an, rief ihm trocken an und hielt seinen Krug in die Höhe.
"Ich habe hier noch was Bier drin und lasse mich nicht gern beim trinken hetzen."
"Nun ich werde hier auf euch warten." Ragnar schickte einen scharfen Blick an die Wachen und sprach weiter, "Die werden wohl etwas langsamer machen müssen."
Der Zwerg nahm sein Fass und ging langsam Richtung Wachen.
"Also beeilt euch! Ihr habt einen Zwergen als wartenden Kunden!"

Zhaine hielt den Wasserbeutel in den kleinen Wasserfall, den der Bach an einigen großen Steinen bildete
und füllte ihn bis zum Rand. Tyee löschte seinen Durst ein kleines Stück tiefer. Zhaine erfrischte sich noch
kurz, indem er einfach seinen Kopf in den Wasserfall hielt.
Der Wolf richtete sich aufmerksam auf, drehte seinen Kopf nach links und rechts und schien etwas in der
Luft zu wittern. Leise begann er zu knurren. Irgendetwas schien ihn zu beunruhigen.

"Was ist denn los mit dir?" Zhaine drehte sich fragend zu ihm.
Statt der erhofften Reaktion, wetzte Tyee plötzlich los in Richtung des Unbekannten. Er sprang auf einen
dicken umgestürzten Baumstamm, um mehr Übersicht in dem dichten Wald zu bekommen.

Zhaine pfiff ihm so laut er konnte hinterher, aber bevor Tyee beschloss, zurückzulaufen, ließ er ein
langgezogenes und lautes Heulen durch den Wald schallen.

Tyee war nur schwer zu beruhigen. Mehrmals heulte er noch auf und blickte immer wieder zurück.
Zhaine schaffte es jedoch schließlich, ihn wieder ruhig zu stimmen.

Dennoch stellte er seine Ohren wieder auf und blickte hoch in die Bäume. Seine Reaktion war jedoch anders;
es schien eher eine Art Neugier zu sein. Er stubste Zhaine an, um ihn zum Mitkommen zu bewegen und pirschte sich an einen großen Baum heran. Er kratzte mit einer Pfote am Stamm und schaute immer wieder hoch.

Dort oben musste irgendetwas sein - oder irgendjemand, da er bei einem Tier noch nie solch ein Verhalten gezeigt hatte.
Zhaine schaute hinauf und versuchte, etwas zu erkennen. Das Sonnenlicht blendete ihn allerdings zu stark.
Aber dort musste etwas sein! "Wer ist da oben? Komm gefälligst runter und schleich dich nicht an!"

Ein Räuspern ließ ihn erschrocken umdrehen und instinktiv zum Stab auf seinem Rücken greifen.
Erst jetzt erkannte Zhaine, wer da wirklich stand. Es schien sich um eine sehr junge Frau zu handeln,
mit einem Bogen ausgestattet. Sie war in flexiblen Ledersachen gekleidet und lächelte ihn an.

'Wieso lächelt sie so? Was will sie von mir? Ist sie ein Räuber...und wenn ja: ist sie allein?'
Er machte sich darüber keine allzu großen Sorgen, schließlich hatte er kampfkräftige Unterstützung.
Prüfend sah er nach seinem Wolf und musste feststellen, dass dieser nicht den Anstand machte,
in Angriffshaltung zu gehen. Statt dessen ging er, fast schon zutraulich, auf die junge Frau zu und
rieb seinen Kopf an ihren Beinen. Von diesem Verhalten völlig überrumpelt, senkte Zhaine die Arme
und musterte sein Gegenüber.

Sofort auffallend war das helle Muster auf der Stirn und die langen Schmuckfedern im Haar. Solch eine
seltsame Person hatte er noch nie gesehen und irgendwie strahlte sie eine gewisse Mystik aus. Aber sie
schien auch nicht gefährlich zu sein - im Gegenteil, Tyee schien sie zu mögen. "Hast du...garkeine Angst
vor ihm...?" Unsicher versuchte Zhaine, sie anzusprechen.

"Ist er dein Begleiter?", fragte die seltsame Person. "Ja...ich meine nein, nicht direkt. Er gehörte ursprünglich
meinem Mentor... aber jetzt bleibt er immer bei mir."

Die Frau streichelte Tyee völlig unbeschwert, als würde sie genau wissen, dass er ihr nichts täte. Zhaine wusste
nicht, was er sagen sollte. Die einzigen Frauen die er bisher kannte, waren zwei Küchenfrauen aus der Priorei.
Aber noch nie hatte er eine solche gesehen. Immer wieder schaute er sie genau an.

"Wer bist du eigentlich? Und woher kommst du?" Er fragte alles auf einmal und ohne eine Antwort abzuwarten,
fragte er schon das nächste: "Hast du...irgendetwas ungewöhnliches bemerkt aus Westen? Er schien vorhin
sehr aufgeregt über etwas aus dieser Richtung zu sein."

° Hmm!? °
Sorda reißt sich von Lysiell los und nimmt instinktiv eine Haltung ein, bereit einem Angriff auszuweichen.
Einige Meter entfernt landet plötzlich eine zierliche Gestalt und sprintet davon.
Kritisch blickt der kleine Rotschopf hinterher und sucht nach einer Erklärung.
"Lysiell! seid ihr verletzt?"
Zwar macht Sorda gerade einen gefassten eindruck, aber zog er es tatsächlich in betracht,
dass das eine Art Angriff gewesen sein könnte?

Auch Lysiell schien ein wenig verdattert zu sein. Erst reisst er sich so feindlich los, dann sieht auch sie jemand davon wetzen, nach einer eleganten Landung. War das nicht die Elfe...?
Dann wendete sie sich wieder ihm zu. "Nein, alles in Ordnung."
Sie streckte die Hand nach ihm aus und winkte ihn wieder zu sich heran.
"Komm her, lass mich deine Hand nochmal genauer anschauen. Tut es weh?"
Sie wirkte besorgt, auch wenn noch immer etwas Strenge in ihrem Blick lag.
"Ich konnte mir schon denken, dass du empfänglich für die Magie bist. Aber du solltest nicht so unvorsichtig versuchen, einen Zauber zu wirken, bevor du nicht gelernt hast, die arkane Struktur richtig zu beherrschen."

Die Magierin machte sich bedeutend mehr Sorgen über Sorda's Hand, als er selbst.
Prüfend bewegt er alle Finger seiner rechten Hand, offenbar nur eine sehr kleine Verletzung.
Dennoch trabte er zu Lysiell zurück und hielt seine Hand zögerlich hin.
"Es ist garnicht so schlimm,.. und wenn ich weiterübe,.. so schwer war er ja nicht..".
Man sah Sorda an, dass er sich nicht wirklich wohl dabei fühlte, aber letztendlich genoss er die Fürsorglichkeit.
Dann überlegte er, "..arkane Struktur beherrschen,.. Was versteht Ihr darunter ?"

Sie überprüfte noch einmal seine Hand. Die Wunde war wirklich nicht sehr schlimm, es musste nur etwas gekühlt werden. Also band sie ihm das nasse Tuch um die Hand.
"Das mit dem Weiterüben ist aber nicht ganz so einfach, Sorda. Du brauchst jemand, der es dir beinringt, sonst kommst du nicht sehr weit und stößt früh an deine Grenzen. Außerdem ist es gefährlich."
Sie runzelte die Stirn. Wie sollte man Magie einem Kind erklären? Sie versuchte sich zu erinnern, wie ihr Meister es ihr erklärt hatte. Nein, das war kein Vergleich, sie hatte es genauso gelernt, wie es eben ist.
"Sagen wir... vergleichen wir doch die Magie mit der Webkunst. Mit einem Webstuhl und den Fäden kriegst du ohne Können trotzdem keinen Teppich gewoben. Genauso ist es mit der Magie. Mit dem Wissen und der Magie um dich herum kannst du ohne Können noch keinen Zauber wirken. Verstehst du? Allein kommst du nicht weit."

"Schau mich nicht so an! Oder hab ich irgendwas im Gesicht?"

Zhaine schreckte vor der unerwarteten Forschheit seines Gegenübers zurück und konnte nur
noch stammeln: "T..tut mir..Leid. Ich habe nur noch nie jemanden gesehen..wie dich..wie Euch,
meinte ich." Unsicher rieb er sich am Hinterkopf. 'Magie...wäre das möglich?'

Er beugte sich hinunter zu Tyee und kraulte seinen Hals. 'Dann könnte es nur fremde unbekannte
Magie sein...meine schreckt ihn sonst nie so auf...' Er schaute wieder hinauf. Wer war diese Person überhaupt?
Sie schien mehr zu wissen, als man ihrem jungen Aussehen zutrauen würde. Und sie war von diesem verdammt
hohen Baum gesprungen, als wäre es etwas Selbstverständliches. Zhaine selbst hätte sich dabei wohl
in den Ästen verfangen und wäre anschließend mit dem Gesicht im Dreck gelandet.

Seine Neugier siegte schließlich über seine Unsicherheit. "Was macht Ihr eigentlich hier? Habt Ihr irgendetwas Bestimmtes?"

sorda machte ein verwundertes Gesicht, er hatte wohl seine eigene Meinung,
sprach sie allerdings auch nicht aus.
Irgendwas schien ihn zu bedrücken, doch auch was das anging, schwieg er.
Bis eher kleinlich die Frage kam, "..Und wenn Ihr mir helfen würdet?".
Sein Blick fiel wieder auf seine Hand, wahrscheinlich hätte er so oder so weitere Versuche gestartet.
Doch warum nicht um Hilfe fragen, dachte er sich, und striff sich mit der anderen Hand einige Haare aus dem Gesicht.